Chess Variants: From Chess960 to Crazyhouse

Schachvarianten: Von Chess960 bis Crazyhouse

Als eines der ältesten und meistgespielten strategischen Brettspiele der Welt hat Schach Generationen von Spielern fasziniert und herausgefordert. Es hat Könige beeindruckt, die Gesellschaft geprägt, die Politik beeinflusst und die Menschen fasziniert. Auch heute noch ist Schach überaus beliebt und hat aufgrund der modernen technischen Möglichkeiten sogar an Popularität gewonnen.

Die ungebrochene Leidenschaft für dieses Spiel hat Schachliebhaber zudem seit jeher dazu inspiriert, eine Vielzahl von Varianten zu entwickeln, die das Spiel in aufregenden und unkonventionellen Formen präsentieren. Die Gründe für die Schaffung neuer Schachvarianten sind vielfältig. Einige Spieler waren auf der Suche nach neuen strategischen Herausforderungen, die über die etablierten Eröffnungstheorien des traditionellen Schachs hinausgingen. Andere suchten nach Möglichkeiten, den Einfluss des Zufalls zu erhöhen oder das Spieltempo zu beschleunigen. Manchmal wurden Schachvarianten auch als Mittel zur Ausbildung von Schachspielern entwickelt, um bestimmte Fähigkeiten wie Kreativität, Schnelligkeit oder taktische Schärfe zu fördern.

Der eigentliche Aufschwung der Schachvarianten begann im 20. Jahrhundert. Eine treibende Kraft hinter dieser Entwicklung war der Wunsch, die Eröffnungstheorie zu umgehen und neue Möglichkeiten für kreative und innovative Spielzüge zu schaffen. Schach sollte quasi direkt im Mittelspiel beginnen und sofort die taktischen Fähigkeiten der Spieler fordern. Ein großer Verfechter für neue Spielvarianten war Bobby Fischer, der mit Chess960 sogar eine eigene Variante entwickelte.

Auch wenn keine Variante die Popularität des Originals erreichte, so stellen sie doch eine unterhaltsame Alternative dar. Nachfolgend möchte ich eine Übersicht über berühmte Schachvarianten geben und die Regeln sowie den Spielaufbau näher betrachten.

 

Chess960 (Fischer-Random-Chess)

Chess960, auch bekannt als Fischer-Random-Chess, ist eine Schachvariante, die von dem ehemaligen Schachweltmeister Bobby Fischer eingeführt wurde. Fischer war frustriert von der wachsenden Bedeutung der Eröffnungstheorie im traditionellen Schach und dem damit verbundenen Auswendiglernen von Zugsequenzen. Mit Chess960 wollte er das strategische Denken und die Kreativität der Spieler von Anfang an fördern. Das Besondere an dieser Variante ist daher der zufällige Spielaufbau zu Beginn jeder Partie, der den Spielern eine neue Herausforderung bietet und das Auswendiglernen von Eröffnungstheorien reduziert.

Startaufstellung einer Partie Chess960

Startaufstellung einer Partie Chess960.
Der Königs ist zwischen den Türmen und die Läufer auf unterschiedlich farbigen Schachfeldern platziert.

Der Spielaufbau bei Chess960 erfolgt nach festgelegten Regeln, um eine ausgewogene und spielbare Anfangsposition sicherzustellen. Es gibt insgesamt 960 mögliche Startpositionen, wobei die Position der Schachfiguren in der Grundreihe variiert, während die Bauern auf ihrer üblichen Ausgangsposition verbleiben. Die einzigen Einschränkungen sind, dass der König immer zwischen den Türmen und die Läufer auf verschiedenfarbigen Schachfeldern stehen müssen. Jede Anfangsposition wird durch einen Zufallsgenerator vor jeder Partie festgelegt. Die Spieler wissen erst unmittelbar vor Spielbeginn, welche Position ihre Schachfiguren einnehmen werden. Dies erfordert von den Spielern eine sofortige Anpassung ihrer Strategien und taktischen Pläne, da sie nicht auf vorher gelernte Eröffnungsvarianten zurückgreifen können.

Die Grundregeln von Chess960 sind identisch mit den Regeln des traditionellen Schachs. Jeder Spieler bewegt abwechselnd seine Figuren, um den gegnerischen König anzugreifen und ihn Schachmatt zu setzen. Diese Zielerreichung erfordert somit auch weiterhin, den gegnerischen König in eine Situation zu bringen, in der er bedroht ist und nicht entkommen kann.

Fischers Beitrag zu dieser Variante führte zu einer erhöhten Aufmerksamkeit und Popularität für alternative Schachregeln und Schachvarianten. Chess960 bzw. Fischer-Random-Chess wird mittlerweile von vielen Spielern auf der ganzen Welt geschätzt und sogar auf internationalen Schachturnieren gespielt.

 

Horde-Schach

Horde-Schach ist eine Schachvariante, bei der der Spielaufbau und die Regeln im Vergleich zum traditionellen Schach stark abweichen. Erfunden wurde es 1942 von Edward Plunkett, 18. Baron von Dunsany, wird heute aber mit einem leicht abgewandelten Aufbau der Bauernstruktur gespielt. In dieser Variante verteidigt sich der schwarze Spieler mit den traditionellen Schachfiguren gegen eine „Horde“ von weißen Bauern.

Startaufstellung einer Partie Horde-Schach

Der schwarze Spieler wird mit einer Horde weißer Bauern konfrontiert.

Regeln des Horde-Schachs für Schwarz:

  • Eingesetzte Schachfiguren: Acht Bauern, zwei Türme, zwei Springer und zwei Läufer, die Dame und der zu schützende König.
  • Es wird die typische Aufstellung aller Schachfiguren vorgenommen.
  • Schwarz verliert, wenn sein König schachmatt

Regeln des Horde-Schachs für Weiß:

  • Weiß verfügt über 36 Bauern
  • Die Bauern nehmen die Reihen eins bis vier ein.
  • Zudem stehen auf den Schachfeldern b5, c5 und f5 sowie g5 weiße Bauern.
  • Auf den Reihen eins und zwei dürfen die weißen Bauern immer einen Doppelzug ausführen.
  • Weiß verliert das Spiel, wenn alle seine Schachfiguren geschlagen wurden.
  • Weiß beginnt das Spiel.

Abgesehen von den spezifischen Regeln für jeden Spieler gelten alle üblichen Regeln des Schachspiels. Da Weiß keinen König hat, muss Schwarz alle Bauern und umgewandelten Schachfiguren von Weiß schlagen.

Horde-Schach ist eine sehr beliebte Spielvariante und wird auf gängigen Schach-Webseiten angeboten, darunter www.lichess.org und www.chess.com.

 

Atom-Schach

Die Spielvariante Atom-Schach spielt sich im Grunde wie die Standardvariante des Schachs. Es gibt jedoch ergänzende Regeln, die eine atomare Bedrohung simulieren. Hierfür werden Angriffe auf gegnerische Schachfiguren als Explosionen dargestellt, die einen Einfluss auf benachbarte Schachfelder haben. Erstmals wurde diese Spielvariante 1995 auf dem German Internet Chess Server (GICS) angeboten und erlangte knapp fünf Jahre später auch international Bekanntheit.

Schlagen einer Schachfigur im Atom-Schach

Weiß schlägt mit seinem Läufer einen Bauern.
Sowohl Springer als auch Läufer werden vom Schachbrett genommen.
Die Bauern verbleiben.

Regeln im Atom-Schach:

  • Das Schlagen einer Schachfigur löst eine „Atom-Explosion“ aus die sowohl die geschlagene als auch die schlagende Schachfigur aus dem Spiel nimmt.
  • Alle acht angrenzenden Schachfiguren werden vom Schachbrett genommen.
  • Bauern sind nicht von der Explosion betroffen, lösen aber bei einem Angriff auch eine Explosion aus und werden dann aus dem Spiel genommen.
  • En Passant löst eine Explosion auf dem angegriffenen Schachfeld
  • Ein König darf keine Explosion auslösen und darf daher nicht schlagen.
  • Da Könige nicht schlagen und nur direkt durch einen Angriff oder indirekt durch eine Explosion bedroht werden, können die beiden Könige der Spieler nebeneinander ziehen.
  • Gewonnen wird das Spiel, indem der gegnerische Königs durch eine Explosion geschlagen oder mit einer Dame bewegungsunfähig gemacht wird.

Atom-Schach war nicht die erste Schachvariante, die Bomben ins Spiel integrierte. Bereits 1972 erfand Robert Montay-Marsais „Stratomic“, eine Variante auf einem 10x10-Schachbrett, das beiden Spielern jeweils zwei taktische Atombomben als zusätzlicher Schachfiguren gewährte. 1992 erfand Jim Winslow „Beirut Chess“, das beiden Spielern ermöglichte, eine Schachfigur heimlich als Bombe zu markieren. Die geschmacklose Parallele zu Selbstmordattentätern sorgte jedoch zu einer nur geringen Popularität.

 

King of the Hill

„King of the Hill“ ist eine Schachvariante, die den Fokus auf eine Eroberung durch den König legt. Statt darauf abzuzielen, den gegnerischen König schachmatt zu setzen, geht es darum, den eigenen König in die Mitte des Schachbretts zu bringen. Diese Variante erfordert strategisches Denken, taktisches Geschick und die Fähigkeit, den eigenen König zu schützen, während man gleichzeitig versucht, den gegnerischen König zu bedrohen.

Schachfelder, die in King of the Hill vom König erreicht werden müssen

Die vier zentralen Schachfelder müssen vom König erreicht werden, um das Spiel zu gewinnen.

Regel von "King of the Hill":

  • Das Spiel wird auf dem herkömmlichen Schachbrett mit 64 Schachfeldern Die Anfangsstellung der Schachfiguren entspricht der des traditionellen Schachs.
  • Das Ziel ist es, den eigenen König auf eines die vier zentralen Schachfelder (d4, d5,e4 und e5) zu bewegen, während der gegnerische König gleichzeitig daran gehindert werden muss, diese zu erreichen.
  • Die Zugregeln für die einzelnen Schachfiguren entsprechen denen des traditionellen Schachs.

Siegesbedingungen von „King oft he Hill“:

  • Ein Spieler zieht seinen König erfolgreich auf eines der zentralen Schachfelder.
  • Wenn ein Spieler den gegnerischen König so bedroht, dass dieser die zentralen Schachfelder nicht mehr erreichen kann, gewinnt dieser Spieler das Spiel.
  • Wenn ein Spieler den gegnerischen König schachmatt setzt.

Im Vergleich zu vielen anderen Schachvarianten kann “King of the Hill” ohne zusätzliche Schachfiguren auf einem normalen Schachbrett gespielt werden. Durch den aktiven Einsatz des Königs als Siegbedingung entsteht in dieser Variante schon früh eine Dynamik, die taktische Fähigkeiten fördert und fordert. Gängige Schachportale bieten „King oft he Hill“ auf ihren Plattformen für Online-Spiele an.

 

Räuberschach (Antischach)

Antischach, oftmals auch „Suicide“ genannt, kehrt die Regeln des klassischen Schachs einfach um. Es gewinnt der Spieler, der keine Schachfiguren mehr auf dem Schachbrett hat. Hierfür müssen die Regeln aber angepasst werden, um eine zu passive Spielweise zu vermeiden:

  • Es besteht die Pflicht, Schachfiguren zu schlagen, wenn die Möglichkeit besteht.
  • Können mehrere Schachfiguren geschlagen werden, so gibt es ein Wahlrecht des Angreifers.
  • Der König hat keinen Sonderstatus und kann normal gezogen und geschlagen
  • Bauern können auf der Grundreihe auch in Könige umgewandelt
  • Die Rochade darf in dieser Variante nicht angewendet werden.
  • Wenn die Schachfiguren eines Spieler bewegungsunfähig sind, gibt es mehrere Möglichkeiten:
    a) Der Spieler, der keinen Schachzug mehr tätigen kann, hat gewonnen.
    b) Die Partie ist beendet und wird als Remis
    c) Der Spieler mit weniger Schachfiguren auf dem Schachbrett gewinnt.
    d) Der Spieler, der keine Schachfigur ziehen kann, setzt aus.
    e) Ein Remis erfolgt auch nach den gängigen Schachregeln, soweit diese anwendbar sind

Markt Watkins hat im Jahr 2016 an der University of Sydney nachgewiesen, das Schwarz bei perfekter Spielweise mit Sicherheit gewinnt. Unter perfekten Bedingungen kann Schwarz nach nur 17 Schachzügen alle seine Schachfiguren von Schachbrett entfernt haben. Bekannt ist diese Schachvariante bereits seit 1870. Als Erfinder gilt der Deutsche Schachspieler Richard Schurig.

 

Crazyhouse

Crazyhouse, auch bekannt als Einsetzschach, ist eine weitere Variante des Schachspiels mit einer besonderen Regel: Wenn ein Spieler eine Schachfigur seines Gegners schlägt, bekommt er diese Schachfigur in seiner eigenen Farbe und kann sie gemäß den Schachregeln an beliebiger Stelle auf dem Brett einsetzen. Die Grundregeln des Schachs gelten im Crazyhouse weiterhin. Allerdings gibt es einige zusätzliche Regeln, die dem Spiel eine aufregende Dynamik verleihen:

  • Geschlagene Schachfiguren werden in der entgegengesetzten Farbe in einem "Pool" gesammelt.
  • Anstatt einen normalen Schachzug auszuführen, kann ein Spieler eine Schachfigur aus dem Pool nehmen und sie auf ein Schachfeld
  • Eingesetzte Schachfiguren müssen immer auf leere Schachfelder gesetzt werden.
  • Schachfiguren, die aus dem „Pool“ eingesetzt werden, können sofort Schach bieten oder sogar zu einem Schachmatt führen, als wenn sie von einer anderen Position aus auf das Schachfeld gezogen worden wären.
  • Bauern dürfen nicht in die erste oder achte Reihe gesetzt werden, um eine sofortige Umwandlung zur Dame und somit das Gleichgewicht des Spiels nicht zu gefährden.

Spielsituation in Crazyhouse

Ungewohnte, aber in Crazyhouse typische Aufstellung in einer Partie.
Weiß verfügt über einen zusätzlichen eroberten Springer.

Durch die Möglichkeit, geschlagene Schachfiguren wieder einzusetzen, eröffnen sich neue taktische Möglichkeiten und unvorhersehbare Wendungen im Spielverlauf. Zudem bleibt das taktische Element auf einem sehr hohen Niveau, da sich das Schachbrett nicht so schnell leert, wie es beim traditionellen Schach der Fall ist. Eine verwandte Schachvariante zu Crazyhouse ist das sogenannte Tandemschach, indem zwei Zweier-Teams gegeneinander antreten und geschlagene Schachfiguren an den Teampartner für den weiteren Einsatz weitergereicht werden.

 

Fazit

Auch wenn das traditionelle Schach bereits eine große Herausforderung bietet, so stellen die davon abweichenden Schachvarianten eine willkommene Abwechslung dar. Durch neue Regeln und Ziele sind die Spieler angehalten, ihr taktisches Verständnis anzupassen und eine neue Art von Kreativität aufzubieten. Insbesondere Chess960 oder Fischer-Random-Chess bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit, seine taktischen Fähigkeiten zu stärken und sofort zu Spielbeginn in ein Mittelspiel einzusteigen. Jedoch werden Schachvarianten auch von berühmten Schachspielern kritisiert, da das normale Schach verlernt werden könnte. Beispielsweise merkte der armenische Schachgroßmeister Lewon Aronjan an, dass grade Anfänger durch stark veränderte Regelvarianten die eigentlichen Herausforderungen im Schach vernachlässigen und ihr Positionsspiel nicht gut ausbilden könnten.

 

Ich würde mich freuen, wenn ich dich für eine der hier vorgestellten Schachvarianten begeistern konnte. Solltest du noch weitere Fragen haben, so schreibe mir gerne über mein Kontaktformular. Neben dem Computer ist das Schachspielen auf einem richtigen Schachbrett noch immer stets populär. Solltest du Interesse an Schachfiguren oder Schachbrettern in Turnierformat haben, so schau gerne einmal in meinem Sortiment vorbei.

Ich wünsche dir viel Spaß am Spiel, viel Erfolg und zügige Fortschritte beim Lernen.

 

Bis bald.

Stefan


Zurück zum Blog